Als ich meinen Freund kennenlernte, war schnell klar, dass er mit dem veganen und ökologischen Lebensstil rein gar nichts am Hut hat. Er liebt sein Grillfleisch, er liebt seine schnellen und alten Autos und er würde nicht auf seinen Fleischkäse verzichten.
Nichts desto trotz war uns ebenso schnell klar, dass wir zusammen gehören. Also suchten wir uns einen Weg, der für uns beide funktioniert. Hier meine Tips für eine Partnerschaft zwischen Fleischessern und Veganern:
1. Zuerst belehre man sich selbst, dann wird man Belehrung von andern empfangen. (Goehte)
Fast jeder Mensch ist resistent beim Thema Belehrung. Als Kind ist es die heiße Herdplatte, die man doch zuerst anfassen muss, um zu wissen, dass sie auch sicher heiß ist.
Als Teenager ist es die Erfahrung mit der Pubertät. Ist man dann erwachsen merkt man natürlich, dass Mama Recht hatte 😉
Als Erwachsener ist es alles was den eignen Werten oder Gewohnheiten widerspricht. Wenn man nicht offen für Neues ist, egal aus welchem Grund, hilft keinerlei Belehrung von außen.
Das Zitat von Goehte passt wie die Faust aufs Auge. Das beste was man machen kann : Keine gegenseitigen Belehrungen. Davon abgesehen, dass Belehrungen generell in Beziehungen nichts Gutes auslösen, hilft es keinem weiter. Es hebt nur die Spannung und wird am Ende noch nervig. Was würdest du sagen, wenn dein gegenüber dir bei jedem Stück Avocado sagen würde, wie schlecht doch das viele Fett ist und wie gut und proteinreich sein Hähnchenfleisch ist. Irgendwann wärst du auch nur noch genervt und wahrscheinlich sauer. (Abgesehen von der Tatsache, dass die Hintergründe falsch sind).
Wir zwei nehmen den großen Unterschied zwischen uns mit Spaß und ziehen uns ab und an gegenseitig mit unserem Essverhalten auf. Aber dabei bleibt es. Ich akzeptiere seine Meinung zum Thema tierische Produkte, er akzeptiert meine Meinung. Auch wenn es mir manchmal auf der Zunge brennt ihm zu sagen, wie ungesund sein Essen ist, mache ich daraus keine große Sache. Sollte er sich dafür interessieren, wird er schon nachfragen. Sobald er merkt, was ihm gut tut, „belehrt“ er sich selbst eines besseren und denkt um. Respekt und Akzeptanz des Anderen steht dabei an vorderster Stelle.
So können wir gemeinsam in Ruhe und als Familie unser Essen genießen.
2. Kreativität ist eine Frage der Inspiration von außen. Es ist das Leuchten in den Augen eines wunderbaren Menschen, was einen selbst kreativ werden läßt. (Philipp)
Bei uns bin ich die Köchin, da der Mann seine Talente anderweitig einsetzt als am Herd. Das macht mir überhaupt nichts aus, da ich liebend gerne koche und backe. Aber natürlich liegt es dann in meiner Hand das gemeinsame Essen zu planen. Und da kommt der nächste Tip ins Spiel – Kreativität, jede Menge davon.
Damit wir beide am Tisch das Gleiche essen können und ich auch nicht doppelt kochen muss ( mit Baby scheint das sowieso fast unmöglich), setze ich mich am Wochenende hin und mache einen Essensplan fertig für die komplette nächste Woche. Alles was ich koche ist entweder vegan, veganisiert oder in zwei Varianten umsetzbar.
Wie das schöne Zitat sagt, muss man selber natürlich auch den Kompromiss eingehen und für beide Seiten denken/planen. Beide sollen glücklich sein.
Positiver Nebeneffekt – immer öfter will mein Mann auch die veganen Dinge probieren oder verzichtet komplett auf sein Fleisch, da es ihm vegan richtig gut schmeckt. So sollte es sein 🙂
Beispiel:
Veganer Sahnehering mit Pellkartoffeln – Für den Fleischesser gibt es normalen Hering dazu.
Nudeln mit Pesto – Für den Fleischesser gibt es normalen Parmesan dazu.
3. Sei du selbst und sei authentisch!
Meiner Meinung nach sollte in jeder guten, stabilen Partnerschaft klar sein, dass man seine Maske fallen lässt. Das gilt natürlich auch mit all den eigenen Werten, Glaubenssätzen, Gedanken, Vorlieben, Lebenseinstellung und Charakter.
Wenn es dann noch um das Thema Vegan geht, ist es noch einmal auf andere Art und Weise wichtig – die Akzeptanz deines Partners in vollem Umfang und die daraus resultierenden Kompromisse.
Lebt man vegan, weiß man, dass tierische Produkte für uns Menschen nicht gerade gesundheitsförderlich und schlecht für unseren Planeten sind. Man hat also im Hinterkopf was der Partner da „böses“ tut. Doch es ist seine eigene Einstellung, seine eigene Denkweise, seine eigene Ansicht, seine Taten – nicht die eigenen. Wenn man Punkt 1. beachtet, wird man daran auch nichts ändern können.
Dein Gegenüber möchte genauso er/sie selbst sein wie du auch.
Menschen machen nicht absichtlich Fehler. Sie machen das Beste was sie gedenken zu können, was richtig ist. Und das macht jeden Einzelnen von uns einzigartig. Auch wenn es vielleicht Dinge sind, die aus einer anderen Perspektive „falsch“ seien.
Versuche nicht dich oder deinen Partner zu ändern. Versuche einfach nur du selbst zu sein. Stehe hinter deiner Entscheidung vegan zu leben und lasse dich nicht verunsichern. So wird vielleicht auch bald aus einem Fleischesser automatisch ein Veganer 😉 .
4. Kooperationen scheitern meist nicht am mangelnden Willen zur Zusammenarbeit, sondern an der Unfähigkeit, eigene Schwächen zu erkennen und ergänzende fremde Stärken zuzulassen. (Peter Sereinigg)
Ein weiterer wichtiger Punkt ist das Teamwork. Arbeiten beide Partner zusammen, dann klappts. So einfach kann es sein. Oder nicht?
Anfangs war es für meinen Mann doch eine Umstellung beim Einkaufen meine veganen Produkte mitzubringen und für mich seine tierischen Produkte auszuwählen. Mittlerweile klappt das Ganze wunderbar und er überrascht mich sogar manchmal mit veganen Kleinigkeiten.
Es ist wichtig auch im Punkt Ernährung an einem Strang zu ziehen, und in eine Richtung.
Ich versuche ausgewogen, nachhaltig, ökologisch und gesund zu kochen. So hat auch der Fleischesser gesunde Mahlzeiten (trotz Fleisch).
Beim Punkt Baby/Kind wird das Teamwork dann doch etwas schwieriger. Dort haben wir uns gemeinsam darauf geeinigt, dass unsere Tochter vegan aufwächst (aus gesundheitlichen Gründen). Mein Mann weiß, dass ich mich sehr viel mit Gesundheit und Ernährung auseinandersetze, viel Wissen in diesen Themen habe und nur das Beste für unsere Tochter möchte. Deshalb kamen wir zu dieser Einigung.
Ob das nun so bleibt wird sich zeigen, sobald sie ihre eigenen, freien Entscheidungen treffen kann. Denn zwingen wollen wir sie nicht in eine bestimmte Richtung.Diesen Standpunkt vertreten wir gemeinsam auch vor Außenstehenden (sprich Oma,Opa etc). Wir arbeiten also im Team und gehen den Weg gemeinsam. Auch wenn er mit unzähligen Kompromiss-Kurven gepflastert ist .
5. Freiraum
Freiraum geben und Freiraum nehmen. Eigentlich wieder etwas sehr grundlegendes einer gesunden Partnerschaft. Und doch auch wieder übertragbar auf das Essverhalten. Wahrscheinlich noch wichtiger, wenn beide Partner am Herd stehen.
Ich nehme und bekomme den Freiraum mich in der Küche auszutoben, natürlich vegan. Ich probiere immer wieder neue Dinge aus. Manches geht mächtig schief, manches wird richtig lecker. Mein Mann redet mir dabei kein Stück zu, sondern probiert liebend gerne was ich da wieder gezaubert habe. Ich hingegen lasse ihm den Freiraum z.B. am Grill. Er liebt seinen Smoker und probiert dort auch jede Menge unterschiedlicher Varianten und Gerichte aus, natürlich mit Fleisch. Jeder kann in der Küche das machen, was er gerne machen und probieren möchte.
Natürlich gehört zu einer starken und gesunden Partnerschaft noch so einiges mehr. Aber diese Punkte haben uns geholfen bzw. helfen uns zusammen zu finden bei dem Thema Ernährung. Wir treffen die Entscheidungen unserer Tochter gegenüber gemeinsam und ziehen an einem Strang.
Was hast du für Erfahrungen gemacht zum Thema Partnerschaft zwischen Omni und Veggie?
Hinterlasse einen Kommentar