Was ist eigentlich Picky Eating?

Picky Eater heißt übersetzt sowas wie wählerische,pingelige oder heikle Esser. Theoretisch also alle Menschen und Kinder 😉 . Jeder Mensch hat Lebensphasen, in denen er mal etwas mehr isst, mal etwas weniger.  Wenn du so bist wie ich, dann liebst du vielleicht auch den Geschmack von Lebkuchen, das ganze Jahr über. Aber sie sind eher ein weihnachtliches Gebäck und dementsprechend nur in der Vorweihnachtszeit erhältlich. Das Gewürz dagegen ist ganzjährig erhältlich und zaubert auch aus Kaffee, Keksen oder einem Sojaquark etwas wunderbar Lebkuchiges ( mein Lieblingswort 😀 ). Doch es gibt nur wenige Menschen die tatsächlich auch im Sommer einen Lebkuchen-Eiskaffee trinken. Viele mögen den Geschmack nur an Weihnachten gern. Also… sind dann alle saisonale Picky Eater?Nein natürlich nicht. Ganz so einfach ist der Begriff doch nicht zu interpretieren.

Wenn dein Kind nur wenige Nahrungsmittel zu sich nimmt, es viele Wutausbrüche und Tränen rund um das Thema Essen gibt, du alles probierst, damit dein Kind wieder isst, und trotzdem nichts funktioniert, dann spricht man von einem Picky Eater.

Wenn Kinder ihre Lieblingsspeisen nicht mehr anrühren, immer weniger Lebensmittel zu sich nehmen, eine sehr geringe Menge Essen, immer nur die gleiche kleine Auswahl an Nahrungsmitteln über einen großen Zeitraum zu sich nehmen, dann sind sie durchaus wählerische und problematische Esser. Dabei muss es nicht mal als Kleinkind damit losgehen. Auch größere Kinder können noch zu Picky Eatern werden und sich dieses Essverhalten aneignen.

Kinder befinden sich gefühlt  IMMER in einer neuen Entwicklungsphase. Anfangs sind es Wachstumsschübe, dann das Zahnen, dann Entwicklugnsschübe, dann Wackelzahnpubertät… die Liste könnte man immer fortführen. Auch wir Erwachsenen durchleben immer weiteres geistiges Wachstum und Lernen täglich dazu. Nur sind wir um einiges Stressresistenter als Kleinkinder und Babys. Für Sie kann der Zustand einer Weiterentwicklung beängstigend sein, Stress bedeuten und Druck. Oder auch Schmerzen, gerade bei Krankheit oder herausdrückenden Zähnen. In diesen Phasen ist ein wechselndes Essverhalten typisch.

Deshalb sind Kinder nicht automatisch Picky Eater. Sie können aber die Tendenz zu einem wählerischen Essverhalten erhöhen.

Wieviele Lebensmittel ist dein Kind ?

Hast du dir schon mal Gedanken darüber gemacht, wieviele verschiedene Nahrungsmittel dein Kind isst? Sind es 10?20?30? Oder noch mehr?

Wenn du dir darüber Gedanken machst oder gemacht hast, dann ist dein Kind wahrscheinlich schon ein sehr wählerischer Esser. Kinder die über 40 verschiedene Lebensmittel sind keine schwierigen Picky Eater. Alles darunter, über einen längeren Zeitraum von ein paar Wochen und länger, sollte sich Unterstützung holen.

Warum ist es so wichtig, wieviele Lebensmittel dein Kind isst?

Damit es gesund aufwachsen kann, ohne einen Nährstoffmangel zu riskieren. In der veganen Ernährungsweise hört man oft „eat the rainbow“, also „esse den Regenbogen“. Damit sind Nahrungsmittel in allen Farben, Formen und Gruppen gemeint. Wie zum Beispiel rote Kidneybohnen, Blaubeeren, gelbe Paprika, grüne Erbsen….  So können wir sicher gehen, dass unser Körper aus dieser Vielfalt sich die benötigten Nährstoffe entnehmen kann. Wenn man nun nur noch 10 verschiedene Dinge isst, vielleicht sogar stark verarbeitete Dinge wie Soja-Nuggets etc., dann führen wir die gerade im Wachstum dringend benötigten Nährstoffe nicht mehr zu und riskieren einen Mangel.

Auch andere Faktoren wie die Zusammensetzung des Nahrungsmittels, das Allergiepotenzial oder die Darmgesundheit spielen eine wichtige Rolle bei der Vielfalt in der Ernährung. Deshalb ist es wichtig ab einem gewissen Grad, in dem Fall die Anzahl der verschiedenen Nahrungsmittel und der Zeitraum, sich einmal Gedanken über die Situation zu machen und etwas zu verändern. Denn Picky Eating kann auch bis ins Erwachsenenalter bestehen bleiben.

Wenn wir unter Druck stehen oder gestresst sind, ändern wir unser Essverhalten.

Du hast es bestimmt auch schon bei dir selbst erlebt. Du hast eine besonders stressige Phase, zum Beispiel Prüfungsstress. Du hast weniger Appetit und musst dich zum Essen animieren. Die Mahlzeit kannst du nicht genießen, denn du hast keine Zeit und nur andere Dinge im Kopf.

Wir sollten also versuchen unseren Kindern den Stress zu nehmen. Das ist in Entwicklungsschüben nicht immer möglich. Doch können wir ihn reduzieren.

Zwei Situationen:

Situation 1

Dein großes Kind ist gerade in der Kindergarten-Eingewöhnung. Es läuft super. Doch zeitlich ist es dadurch eng.Nach der Eingewöhnung geht es also direkt heim, du kocht eine schnelle Mahlzeit. Dabei meckert das Baby, du kannst nicht nach dem großen Kind gucken, es muss sich selber beschäftigen und ist müde. Dabei bräuchte es jetzt als Ankerpunkt vielleicht eine ruhige halbe Stunde Mama-Zeit. Du bist froh, dass du so schnell ein leckeres Essen gezaubert hast, stellst es auf den Tisch, holst alle zum Essen heran. Doch dein Kind will nichts. Dabei war es gerade nach dem Kindergarten doch so hungrig. Du wirst gereizt, denn ihr müsst gleich zu einem Termin. Du machst also nochmal etwas Druck, damit dein Kind isst. Es isst aber nicht, es wird diskutiert und endet in einem Wutausbruch.

Situation 2

Ihr kommt von der Kita-Eingewöhnung heim. Du weißt, dass diese Eingewöhnung für dein Kind Stress bedeutet. Und ganz typisch hörst du direkt nach der Kita den Satz „Mama, ich habe Hunger“. Meistens ist das der Hunger nach Nähe, Geborgenheit und Ruhe. Du hast noch einen Termin in einer Stunde. Zu Hause gibt es erstmal eine Runde Mama-Kuscheln und reden. Dann bereitest du einen schnellen Snack zu. Ihr setzt euch gemeinsam an den Tisch, es gibt einen Snack, dein Kind isst ein wenig. Danach geht es los zum Termin. Spätnachmittags daheim kochst du in ruhe das Abendessen, die Kids spielen und es gibt ein gemeinsames ruhiges Essen.

Feste Zeiten sind ein Game-Changer!

Routinen sind wichtig für alle Kinder. Sie sind sowas wie Grenzen. Etwas ist vorhersehbar. Für kleine Kinder ist dies Sicherheit. Sicherheit wiederum bedeutet Ruhe und Geborgenheit.

Wenn wir also eine entspannte Essensroutine einführen, hilft es wählerischen Essern etwas Neues zu probieren bzw. wieder neue Nahrungsmittel in den Speiseplan zu integrieren. Wir geben die Sicherheit von außen und nehmen Druck heraus. So können sich Picky Eater auf die Nahrungsmittel konzentrieren. Der Stresspegel ist niedriger und das Kind hat einen größeren Handlungsspielraum.  Ich gebe dir hierfür auch gerne wieder zwei Beispiele.

Situation 1

Du bist auf Geschäftsreise in einem neuen Hotel. Es ist das Hotel „Unabhängigkeit“ am Strand. Das Hotel hat keine Liste oder festen Essenszeiten. Gerade so, wie der Koch es schafft etwas zuzubereiten gibt es die Mahlzeiten.  Ein merkwürdiges Konzept… Nach eienr kurzen Nacht wachst du mit deinem Weckerklingeln auf. Du gehst ins Bad und überlegst, ob du duschen willst. Aber du willst das Frühstück nicht verpassen. Also schaust du lieber mal zur Tür raus. Nein, nichts. Ok, also nochmal ins Bad und schnell duschen. Danach machst du dich schnell fertig und schaust wieder aus der Tür Richtung Speisesaal. Nein, nichts. So langsam kommt ein kleiner Hunger. Du bist fertig und bereit, bald geht es auch schon zum Vortrag. Da öffnet der Speisesaal. Du hast noch ein paar Minuten und schnappst dir schnell eine Kleinigkeit. Denn du bist noch nicht wach genug für ein großes Frühstück. Ab zur Arbeit. In der Pause bekommst du richtig Hunger. Aber der Speisesaal ist geschlossen. Mist. Was nun? Naja, du hast noch ein paar Snacks, die du zwischendurch isst. Nachdem du gerade deinen letzten Müsliriegel gegessen hast, öffnet der Speisesaal wieder. Nun hast du kaum mehr Hunger und isst dir nur ein paar kleine Beilagen. Der Tag ist vorbei und du willst noch entspannen. Aber nun hast du natürlich richtig Hunger. Denn gegessen hast du heute nicht richtig. Der Speisesaal ist zu. Du musst theoretisch bis zum nächsten Tag warten. Und dann geht der Stress von vorne los.

Situation 2

Du bist wieder im Hotel. Dieses Mal das Hotel „Planvoll“.

Dort hast du eine Karte. Darauf steht, dass der Speisesaal für morgen von 7-8 , 10-11, 13-14, 16-17 und nochmal von 19-20 Uhr geöffnet hat. Es gibt immer unterschiedliche Speisen. Aber eine Karte mit festen Beilagen. Zum Beispiel gibt es immer Kartoffeln und Brot. Falls du mal ein anderes Gericht nicht magst.

Nach deiner ersten Nacht wachst du auf, schaust auf die Uhr und machst dich in Ruhe fertig. Du hast noch keinen großen Hunger und weißt, dass der Speisesaal in 2 Stunden eh wieder geöffnet ist. Deshalb nutzt du die Zeit und gehst noch eine Runde an der frischen Luft spazieren, bevor es mit der Arbeit los geht. In der ersten Arbeitspause bekommst du dann Hunger. Genau da hat auch der Speisesaal geöffnet und du gehst in Ruhe dein Frühstück essen. Der restliche Tag läuft auch entspannt. Abends gehtst du noch zum Dinner in den Saal und isst dir ein wundervolles Abendessen. Gesättigt und müde lässt du den Tag ausklingen.

Welches Hotel wäre dir lieber? Bedenke, dass du dir das Essen nicht selber zubereiten kannst, sondern auf den Hotelkoch angewiesen bist.

Wie du siehst – der zweite, planbare und vorhersehbare Tag ist weitaus weniger stressig und angenehmer.

Auch wenn du keinen Hunger hast, musst du dich nicht zum Essen zwingen, sondern du kannst dich nach deinen Bedürfnissen richten und wirst nicht von den Zeiten überrascht. Und genauso können wir uns das für die Kinder vorstellen. Denn für sie sind Mahlzeiten ohne feste Zeiten/Zeitspannen etwas absolut unvorhersehbares. Natürlich sehen Sie, wenn wir anfangen zu kochen. Dennoch fehlt es Kleinkindern am Zeitgefühl und sie können nicht einschätzen, wann das Essen fertig ist.

Ich entscheide, du entscheidest.

Noch ein wichtiger Punkt um Picky Eating zu vermeiden oder wieder zu einem normalen Essverhalten hinzuführen, ist die Rollenverteilung. Im Bild siehst du, wie die Rollen der gesunden Routine aussehen sollte.

Eltern bestimmen die Zeit!

Wir Eltern sollten die Zeitrahmen vorgeben. Wie im Beispiel mit dem Hotel oben, sollten wir die festen Küchenzeiten bestimmen. Tun wir dies nicht, und lassen die Kids bestimmen – so landen wir in einer 30-Minuten-Snack-Routine die zu Picky Eating führt.

Das Kind entscheidet, ob es Hunger hat und isst, oder nicht.

Das Kind entscheidet, ob es Hunger hat. Denn diese Entscheidung können wir Ihnen nicht abnehmen. Also, ob dein Kind isst, wenn du Essen bereit stellst, ist ihm überlassen.

Eltern entscheiden, WAS serviert wird

Wir Eltern wissen, welche Nahrungsmittel uns gut tun, welche Nahrungsmittel nährstoffreich sind und entscheiden deshalb, was auf den Teller kommt. Überlassen wir dem Kind die Entscheidung, dann landet nur noch das Lieblingsessen auf dem Teller und ein schwieriges Essverhalten wird getriggert.

Dein Kind entscheidet, was es vom Teller isst, und wieviel!

Du gibst zwar vor, was auf dem Teller landet, dein Kind entscheidet aber, was es von dieser Auswahl isst und wieviel.

Es gibt viele Punkte, die man verändern kann.

Es gibt viele Stellschrauben, die wir drehen können und dürfen, damit die Harmonie am Esstisch wieder zurück kommt und das Kind wieder lernt mit Genuss zu essen. Oftmals hat nicht nur einer dieser Pfeiler einen Riss, sondern gleich mehrere. Alles zusammen führt zu einem schwierigen Essverhalten oder dem sogenannten Picky Eating.

Schauen wir weg und lassen es schleifen, werden weitere Pfeiler bröckeln und die Situation am Essenstisch wird für alle Beteiligten ein wahrer Machtkampf.

Wollen wir etwas Ändern bzw. Verändern, sollten wir dabei genau auf die Bedürfnisse unserer Kinder schauen. Wie schnell können wir etwas ändern? Wo fangen wir an? Was tun wir, damit es keinem dabei schlecht geht? Wie kann ich genau MEIN Kind dabei begleiten diesen neuen Weg zu gehen?

Nur wenn die Bedürfnisse aller im Fokus liegen, wird die Atmosphäre am Esstissch wieder entspannter.

Hast du einen Picky Eater daheim?

Solltest du Unterstützung und Begleitung benötigen, dann trage dich gerne auf meiner Warteliste ein für meinen Kurs speziell für Eltern von Picky Eatern und Kindern mit besonderen Essbedürfnissen *klick* .

Teile diesen Beitrag auf: